Kiesel, wo früher Pflaster waren, Buchten, wo früher eine Betonmauer war und Bach-gekühlte Füße, wofür man früher schräg angeschaut wurde: die Liesing verändert sich.
Der Liesingbach fließt auf über 18 Kilometern durch den 23. Wiener Gemeindebezirk bis nach Niederösterreich. Bisher war er eher als unscheinbares und nicht unbedingt zum Verweilen einladendes Gewässer bekannt. Das ändert sich gerade durch die Förderung Gewässerökologie, durch welche Mittel in der Höhe von 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden.
Mehr Leben(sraum) am Bach
Nachdem der erste Teil bereits zurück in einen natürlicheren Zustand versetzt wurde, geht es nun an den letzten, rund 9km langen Abschnitt zwischen Kaiser-Franz-Josef Straße und Großmarktstraße. Naturnaher, grüner und besser vor Hochwasser geschützt soll der Bach werden. Wie bereits im ersten Teil sollen Pflasterungen im Flussbett entfernt werden und am Rande des Bachlaufs kleine Buchten und Flachwasserbereiche sowie Spazierwege entstehen. Natürliches Sediment wird aufgeschüttet, Weiden werden gepflanzt und Steine und Felsen in passende Lagen gebracht.
Durch Schatten spendende Laubbäume wächst neuer Lebens- und Naherholungsraum für Mensch und Tier. Der Uferbereich wird nun zahlreich von Jogger*innen und Radfahrer*innen genutzt und bereits jetzt lässt sich die Ansiedlung vieler Fischarten und wirbelloser Tiere beobachten; auch sind mehr Algen und andere Pflanzen anzufinden. Insgesamt hat sich die Wasserqualität von unbefriedigend auf gut verbessert.
Warum die Renaturierung unserer Flüsse so wichtig ist
Werden die natürlichen Sedimente abgetragen und sterben Pflanzen (u. A. durch verringerten Sauerstoffgehalt im Wasser) ab, verkleinert sich auch die Fisch-Population, da diese an den glatten und geraden Wänden künstlicher Flussläufe keine geeigneten Laichplätze finden.
Für die Erhaltung eines funktionsfähigen Ökosystems ist die Wiederherstellung von ursprünglichen Lebensraumbedingungen die wichtigste Grundvoraussetzung. Wird dieser Lebensraum aufgewertet, zieht das eine Reihe positiver Auswirkungen nach sich. Durch Renaturierung verbessert sich beispielsweise die Selbstreinigungskraft der Gewässer, sodass sich die Bewohner des Bodens (Flora und Fauna) erholen und dem „Umkippen“ des Wassers entgegenwirken können. Außerdem unterstützt ein in sich gesunder Fluss bedrohte Tierarten und erhöht die Widerstandsfähigkeit gegenüber Einflüssen wie invasiven Arten oder dem Klimawandel.
Neben den Vorzügen, die die Anwohner durch die Neuschaffung von Picknickplätzen und Spazierwegen erfahren, ist es insbesondere das Ökosystem, dem eine umfassende Renaturierung zu gute kommt.