Die Regulierung der Wasserspiegellage des Neusiedler Sees soll den Hochwasserschutz und die verschiedenen Nutzungsinteressen in Einklang bringen.

Momentan sehr hohe Wasserstände

Aufgrund überdurchschnittlicher Niederschlagssummen im Winter 2012/2013 ist der Wasserstand des Neusiedler Sees seit Anfang des Jahres stark angestiegen und erreichte Anfang März 2013 eine für die Seestandregelung maßgebliche Höhe. Seit dem muss Wasser aus dem See über den Einserkanal abgeleitet werden. Seitens der Fischerei und der Schifffahrt wird nun befürchtet, dass deswegen – wie das im Sommer 2003 der Fall war – zu wenig Wasser im See sein wird.

Ein Vergleich mit Jahren niedriger Sommerwasserstände zeigt aber, dass damals ganz andere hydrologische Bedingungen vorherrschten. Jahre mit besonders hohen Wasserständen seit der Seewasserstands-Regelung 1966 waren 1996 und 2010 (siehe Bild 1 der Bildergalerie)

2003 war extrem trocken

Anfang März 2003 war der Wasserstand am Pegel Neusiedl um etwa 25 cm niedriger als heute. Darauf folgte ein sehr trockenes Jahr mit 40% weniger Niederschlag als im Mittel und es kam zu niederen Wasserständen im Sommer und Frühherbst von etwa 115,25 m ü. Adria (bei 114,5 m ü. A. ist der See fast ausgetrocknet). Wiederholen sich die außergewöhnlichen Witterungsbedingungen von 2003, würde sich im September ein Wasserstand von ca. 115,30 m ü. Adria einstellen, also immerhin noch um 20 cm mehr als 2003.

Betrachtet man auch andere Jahre mit niedrigen Spiegellagen im Sommer und Frühherbst zeigt sich, dass die Wasserstände im Frühjahr immer unter dem Durchschnitt lagen (siehe dazu das Bild 2 der Bildergalerie).  Ein starkes Absinken des Wasserspiegels ist daher heuer – auf Grund der unterschiedlichen Ausgangslage – sehr unwahrscheinlich.

Hochwasserschutz durch Wasserstandregelung

Ohne die Absenkung könnte im Frühjahr das Hochwasserrisiko bedenklich steigen. Ein mittlerer Pegelstand von 116,00 m ü. Adria wird als ein 100-jährliches Ereignis definiert, ein Erreichen bzw. Überschreiten würde bereits zu Überschwemmungen führen. Bei Starkwind wird die Gefahr eines Überlaufens noch verstärkt, da sich aus der Verlagerung der Wassermassen Pegelschwankungen von mehr als 40 cm ergeben können.

Entscheidend ist die zeitgerechte Absenkung

Der Neusiedler See hat eine Fläche von 320 km². Daraus ergeben sich pro cm Wasserstand doch beträchtliche Wassermengen, die abgeleitet werden müssen. Der maximale Abfluss an der Wehrstelle zum Einserkanal beträgt zu dieser Jahreszeit 6 m³/s. Es dauert also etwa einen Monat um den Wasserstand um 5 cm zu senken.

Wehrbetriebsordnung legt die Regeln fest

Seit der Errichtung des Einserkanals im Jahr 1910 kann sich der Wasserstand des Neusiedler Sees nicht mehr natürlich entwickeln, sondern wird im Bedarfsfall künstlich geregelt. Die Steuerung erfolgt nach einer zwischen Österreich und Ungarn vereinbarten Betriebsvorschrift, der durch ein Wasserrechtsverfahren bewilligten Wehrbetriebsordnung. Diese gibt vor bei welchen Regelungswasserständen eine Absenkung der Spiegellage des Neusiedler Sees erfolgen muss.

Das Bild 3 der Galerie zeigt, dass die Schwankungen des Wasserstandes bis zur Errichtung der Wehranlage im Jahr 1966 wesentlich größer waren als nach 1966. In den 1930-iger Jahren war die Sorge groß, der See könnte austrocknen. Danach folgten niederschlagsreiche Jahre und ein Maximum im Jahr 1941, welches den aktuellen hohen Wasserständen entsprach. Seit der Inbetriebnahme der Wehranlage 1966 pendeln die Monatsmittelwerte des Wasserstandes um 115,50 m ü. Adria und selbst in außergewöhnlich niederschlagsarmen Jahren wie 2003 wurden historische Minima nicht mehr erreicht.

Die derzeit aktuelle Betriebsbewilligung wurde im Jahr 2011 auf Grund detaillierter Wasserbilanzrechnungen festgelegt und berücksichtigt die vielfältigen Nutzungsinteressen wie Seeökologie, Hochwasserschutz, Touristik, Fischerei und Landwirtschaft.

Die Ableitung des Wassers erfolgt über eine Wehranlage in den Einserkanal und in weiterer Folge in die ungarische Rábca. Um die sommerlichen Niederwasserperioden möglichst kurz zu halten, ist im Vergleich zur Regelung vor 2011 eine Erhöhung des Regelungswasserstandes um ca. 10 cm und eine bestmögliche Anpassung an die natürliche Wasserstandsentwicklung vorgesehen. Je nach Jahreszeit gibt es daher unterschiedliche Regelungswasserstände. Dadurch soll die Hochwassergefahr im Frühjahr minimiert (Vorabsenkung in der Winterperiode) und die ökologischen Ansprüche und touristischen Bedürfnisse befriedigt werden (höherer Wasserstand im Sommer).

Allen am Neusiedler See interessierten Menschen empfehlen wir die Internetseite der Hydrographie im Burgenland. Über eine an der Wehranlage installierte Webcam kann der aktuellen Abfluss aus dem See „online“ beobachtet werden.

 Weitere Informationen >>

Stefan Standhartinger, Abt. VII/3-Wasserhaushalt

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