Haareis oder auch Eiswolle ist ein seltenes Naturphänomen, das nur unter ganz bestimmten Bedingungen auftritt. Den Namen hat es von seinem Aussehen. Denn die feinen Eisfäden, die auf Totholz wachsen, schauen tatsächlich so aus wie weiße Haare.
Die Besonderheiten
Die einzelnen Fäden können zwischen 3 und 10 cm lang werden und sind teilweise nur 0,02 mm dick. Das besondere hierbei ist, dass sie nicht am Ende wachsen wie Eiszapfen, sondern tatsächlich von der Basis aus – genauso wie ein echtes Haar. Allerdings um einiges schneller, denn Haareis wächst 5 bis 10 mm pro Stunde. Dadurch ist es möglich, dass sich das Haareis in nur einer Nacht bildet und am nächsten Tag bewundert werden kann. Jedoch nicht lange, da die filigrane Eisform vor allem in der Sonne recht schnell schmilzt. Im Schatten kann es schon sein, dass die Eiswolle einen Tag überdauert.
Die perfekten Bedingungen
Damit Haareis überhaupt entstehen kann, müssen allerdings viele Komponenten zusammenspielen. Generell wächst Haareis nur auf Totholz von Laubgewächsen. Am meisten Glück, es zu entdecken, hat man daher in Buchen- oder Laubmischwäldern.
Damit das Naturphänomen auftreten kann, muss es ein bis zwei Tage viel regnen und dann die Temperatur nahe am Gefrierpunkt sein. Danach muss es windstill sein und erst dann darf die Temperatur unter den Gefrierpunkt fallen. Dabei darf es aber auch nicht zu kalt werden, da sonst das Wasser schon im Inneren des Holzes gefriert und nicht mehr an die Oberfläche treten kann.
Der Hintergrund
Der Grund für dieses Naturschauspiel ist der winteraktive Pilz Exidiopsis effusa. Durch seinen Stoffwechsel werden Gase freigesetzt, die das Wasser an die Oberfläche drücken. Sein Abbauprodukt Lingin verhindert dabei das Bilden großer Eiskristalle. Daher gefriert das obere Wasser zuerst und breitet sich aus, dann wird von innen neues Wasser nachgeschoben, das wiederum gefriert. Dadurch wächst das Haareis tatsächlich von seiner Wurzel aus, bis kein Wasser mehr vom Holzinneren nachdrückt.
Es wird vermutet, dass dieser Effekt für den Pilz als Frostschutz dient. Denn so gefriert das Wasser außerhalb des Holzes und nicht innerhalb, wo der Pilz lebt. Außerdem wird durch das Gefrieren an sich Energie freigesetzt, die ebenfalls dafür sorgt, dass es im Holz wärmer ist als die Umgebung.